Der Kommunismus in Lauterbach nach dem Krieg
LAUTERBACH. Man hat schon mal gelesen, dass in der Hessischen Verfassung von 1946 die Verstaatlichung aller größeren Produktionsstätten vorgesehen war und gehört, dass die CDU 1947 in ihrem „Ahlener Programm“ den Kapitalismus verteufelte.
Auch in Lauterbach war unmittelbar nach dem Krieg Interesse für kommunistische Gedanken zu spüren. Dies berichtete der Lauterbacher Stadthistoriker Prof. Dr. Karl-August Helfenbein bei einer Veranstaltung der Jungen Union. Helfenbeins Referat widmete sich der Lehre und Ausprägung der Kommunistischen Partei Deutschlands, die durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1956 als verfassungswidrig eingestuft und verboten wurde. JU-Stadtverbandsvorsitzender Joshua Östreich (Wernges) verwies eingangs auf die verschiedenen Informationsveranstaltungen des CDU-Nachwuchses zur Lauterbacher Stadtgeschichte und -politik, bei denen man das „Stadtgedächtnis“ des 88-jährigen Wissenschaftlers nutze.
Helfenbein, der selbst die Entwicklung der Parteienlandschaft in Lauterbach in der Nachkriegszeit miterlebt hat, berichtete den jungen Christdemokraten, dass die kleinere kommunistische Gruppe in Lauterbach direkt nach dem Unrechtsregime des Dritten Reichs sehr aktiv war. Bis zur Einführung der D-Mark in West-Deutschland 1948 – und damit die Zementierung der Teilung in Ost- und Westzonen – hätten die amerikanischen Besatzungskräfte die kommunistisch geprägten Parteien unterstützt. So wären wichtige Dienstposten bei den Institutionen und Behörden oder auch an Universitäten bevorzugend von Mitgliedern der KPD und aber auch der SPD besetzt worden.
Allgemein hätten sich die Parteien nach Aufhebung des Parteienverbotes durch die Besatzungsmächte rasch gebildet und organisiert. Die SPD habe damals ihr Büro im heutigen Casino, das damals als Volkshaus benutzt worden sei, bezogen, berichtete Helfenbein. In Lauterbach habe es auch vor 1933 schon aktive Kommunisten gegeben, zu denen Fritz Selbmann als bedeutendster zählt. Der spätere SED-Politiker war in der DDR Minister und versuchte den Volksaufstand am 16. und 17. Juni 1953 durch eine Rede vor dem „Haus der Ministerien“ in Ost-Berlin die aufgebrachten Arbeiter – erfolglos – zu besänftigen. Bei den Kommunalwahlen 1946 sind allerdings bedeutende Wahlergebnisse der Kommunisten in der Stadt Lauterbach und im damaligen Landkreis Lauterbach nicht vermerkt, was wohl auch an der hohen Hürde von 15 Prozent für ein Mandat in der Gemeindevertretung gelegen haben könnte. „Wer nicht geschichtlich denkt, kann auch nicht gegenwärtig politisch denken“, mahnte Helfenbein die Teilnehmer und warb für Demokratie und Toleranz, die bei radikalen linken und rechten Kräften in Deutschland nur strategisch beliebt seien. (pm)