Brücken statt Brüche im Baunataler Bildungsforum
BAUNATAL. In 10 Jahren ziehen in Baunatal vom Kindergarten über die Schule bis zur Politik alle an einem Strang, der Landkreis und das Schulamt ziehen sogar mit und überhaupt ist Deutschland das OECD-Land mit den höchsten Bildungsausgaben und führt die PISA-Ergebnisliste an.
Die neueste PISA Studie bescheinigt, dass Kinder und Jugendliche aus allen Schichten die gleichen Chancen auf eine gute Ausbildung haben. Jugendliche aus Baunatal entwickeln ein Patent für einen emissionsfreien Volkswagen und der Deutsche Städtetag verabschiedet die Baunataler Erklärung…
Mit dieser Science-Fiction zur Baunataler Bildungskette beendete der Diplompädagoge Peter Bleckmann (Hochschule für angewandte Pädagogik Berlin) seinen Vortrag zum Schluss des Baunataler Bildungsforums gestern Abend. Es macht schließlich Sinn, das Ziel schon mal vor Augen zu haben und den Nutzen darin zu erkennen, die Bildungskette so undurchlässig wie möglich zu gestalten.
Übergänge: Entscheidungen, Veränderungen, Bruchstellen
Immer dort, wo Übergänge entstehen, von der Familie zum Kindergarten, vom Kindergarten zur Schule, von der Grundschule zur allgemeinbildenden Schule, schließlich zur weiterführenden Schule, zur Berufsausbildung oder zum Studium und letztlich auf dem Weg in den Beruf, sind Brüche, also Scheitern möglich.
Auf diesem Weg werden Abschlüsse gefordert, umdenken ist nötig, vor allem aber sind Entscheidungen zu treffen. Immer dann ist auch ein Ausstieg möglich oder eben ein Abbruch. In einer durchgeplanten Gesellschaft sind Brüche allerdings besonders folgenreich und für das weitere Leben nicht nur prägend, sondern entscheidend.
Aus dem PISA-Schock in eine gerechtere Zukunft
Im Jahr 2007 hat es mit dem PISA-Schock eine Art Urknall für die Bildungspolitik gegeben. In Neukölln, wo Bleckmann herkommt, machen nur wenige Abitur. Woanders sind es mehr und dann ist die Schlussfolgerung auch für bildungspolitische Laien klar, dass Chancen auch etwas mit der Herkunft, der Ausgangssituation und vielleicht der Übergänge im System zu tun haben. Aber wenn sich, so Bleckmann, soziale Ungleichheit manifestiert, dann entsteht eine Ständegesellschaft, die Deutschland eigentlich überwunden hat. Und schließlich sind Aufstiegsmöglichkeiten als „Kick“ für das Funktionieren unserer Gesellschaft notwendig, also erwünscht.
Die Konsequenz aus dieser Schlussfolgerung ist nicht das Bajammern der Ungerechtigkeit, sondern Anpassung der Bildungspolitik, die daher an besonderer Bedeutung gewinnt. Wichtig zur Überwindung von sozialer Ungerechtigkeit ist das Vermeiden von Brüchen. Eine ganze Kommune muss sich als Bildungsort Verstehen, in dem die Begleitung auf die nächste Stufe zur Selbstverständlichkeit wird.
Leitziele in der Bildungspolitik
Mit Leitzielen in der Bildungspolitik hat sich das Bildungsforum Baunatal beschäftigt und Baunatal gehört zu den Innovatoren der Bildungslandschaften, erklärte Referent Peter Bleckmann bei der Veranstaltung in Baunatal. Letztlich beginnt die Bildungslandschaft mit dem Verständnis dafür, warum Brüche passieren und endet in einer guten Strategie, diese Brüche zu vermeiden, indem alle Instanzen den jeweils nächsten Schritt miteinander begleiten.
Zu den Leitzielen gehren Stichworte wie Soziale Kompetenz, Bildungsgerechtigkeit, Vernetzung, Qualifizierung, Partizipation, Transparenz oder Gestaltung von Übergängen. Bettina Pauli und Frank Grasmeier vom Jugendbildungswerk haben die Veranstaltung vorbereitet und sind mit den Kollegen im Fachbereich für die Umsetzung gefordert. Mehr Öffentlichkeitsarbeit ist der nächste Schritt und weitere Veranstaltungen werden folgen. Die AG Kulturelle Bildung veranstaltet beispielsweise eine Reihe zum Thema Heimat: Horizonte und einen Aktionstag „Bildung zum Anfassen“.
Brüche auch zwischen den Zuständigkeiten überwinden
Entscheidend aber bleibt, wie gut die verschiedenen Bildungsträger und Institutionen vom Kindergarten bis zur Hochschule, mit unterschiedlichen Zuständigkeiten von der Kommune, über Landkreis, Land Hessen bis zum Bund, tatsächlich zusammenarbeiten. Das Baunataler Modell hat jetzt für die Aufmerksamkeit gesorgt, die nötig ist, auch die Brüche zwischen den behördlichen und den instanzlichen Zuständigkeiten zu überwinden. In Baunatal haben alle die Leitziele unterschrieben… (rs)