SCHWALMSTADT. Sie trifft fast jeden! Sie kommt überraschend, hinterhältig, gnadenlos. Wer nicht aufmerksam verfolgt, welche Satzungen die Stadtverordnetenversammlung oder die Gemeindevertretung seines Wohnortes in den letzten Jahren verabschiedet hat, könnte vom Schlag getroffen werden. Gerade, wenn man überlegt, dass ein neues Auto nötig wäre, auf das jahrelang gespart wurde, der Führerschein für Sohn oder Tochter ansteht und vielleicht die Heizungserneuerung fällig wird, dann flattert eine Rechnung ins Haus. Ein paar tausend Euro sind es immer, je nach Größe des Grundstücks kommen auch fünfstellige oder gar sechsstellige Beiträge zusammen. Straßenausbaubeiträge!
Sie schlummert oft jahrelang in den Aktenordnern im Rathaus, die Straßenausbaubeitragssatzung. Und dann wird saniert oder gebaut! Je nach Satzung kommt die Rechnung für die eigene Straße, vielleicht auch anteilig für Straßen, die man zwangsläufig mitbenutzt.
Ganz schlau werden die Gebühren nur für Hauseigentümer berechnet, dürfen aber auf Mieter verteilt werden. Das Problem des Eintreibens bei Rentnern, Hartz IV-Empfängern, Studenten und jungen Familien, die sowieso gerade kein Geld haben, wird auf die Hausbesitzer übertragen. Das Risiko leer auszugehen damit auch. Hauseigentümer kann man bis zur Zwangsversteigerung in die Knie zwingen. Kann jemand gerade so die Krankenversicherung im Alter zahlen und hat kein Sparbuch, wird darauf keine Rücksicht genommen. Fies ist diese Machtlosigkeit gegenüber richtig heftigen Beträgen, die Ohnmacht gegenüber dem Staat, die unglaubliche Wut produziert.
60 Jahre lang haben die Steuern gereicht, um Straßen zu bauen. Was haben wir gelästert, als die Grenzen 1989 aufgingen, dass die DDR in 40 Jahren nicht zustande gebracht haben, ihre Straßen in Ordnung zu halten. Jetzt bekommt’s der Staat auch im Westen nicht hin und bittet seine Bürger zur Kasse. Weil die Proteste zunehmen, sich Privatinsolvenzen und Not-Immobilienverkäufe wegen der Beiträge häufen, bahnen sich „Lösungen“ an: Pauschalbeiträge im Voraus, jedes Jahr für alle Straßen der Kommune. Bingo! Die Last bleibt bei den Hauseigentümern und niemand darf mitentscheiden, welche Straßen wie ausgebaut werden. Wer schließlich schon 5.000 Euro bezahlt hat ärgert sich dann umso mehr über die Schlaglöcher in der eigenen Straße.
Wie sowas kommt? Wenn die Genossen die Satzung einbringen, sind die Schwarzen dagegen und kommt der Antrag von der CDU, ist die SPD über die Maßen entsetzt. Üblicherweise wird – je nachdem wer gerade wo regiert – auf die Landesregierung oder die Bundesregierung geschimpft, die die Kommunen aussaugt und zu solch unpopulären Entscheidungen zwingt. Tatsächlich gibt eine Landesvorgabe und wenn die Kommune kein Geld hat, muss sie ihre Bürger zur Kasse bitten.
In Wiesbaden und Berlin zuckt man natürlich dennoch die Schultern. „Hä? Straßenbeitragssatzung in Borken, Schwalmstadt oder Frielendorf? Nicht unser Problem…!“ Der wahre Schuldige bleibt nebulös, niemand kann etwas dafür und die Mitbürger stehen im Regen. Vom Partei-Ortsverein über den Partei-Landesverband bis zur Bundespartei gibt es also in keiner politischen Vereinigung in Deutschland eine Strategie, wie man mit solchen Problemen strategisch umgeht? Alle Achtung!
Wie man Verdruss produziert? Kein Problem! Lohnsteuer, Mehrwertsteuer, eine kleine Verwaltungs-Gebühr? Kein Problem, darüber spricht man nicht. Aber solch eine Rechnung, die vergisst man über Jahre nicht! Wir zahlen alle Steuern, aber für jede staatliche Leistung kommt zukünftig eine extra Rechnung? Mir persönlich reicht zukünftig übrigens ein Schotterweg vor dem Haus, sollte der Asphalt nichts mehr taugen. Wenn KFZ-Steuer, Mineralölsteuer und Grundsteuer nicht ausreichen, um Straßen zu bauen, was soll dann das neue Baukindergeld der GroKo, wenn die Straßen vor der Haustür ein Vielfaches davon kosten?
Ihr
Rainer Sander
7 Kommentare
Die Straßen sind nicht das Eigentum der Anlieger, sondern der Kommune. Da wäre es im Umkehrschluss doch gerecht, wenn die Kommune mir etwa mein Haus saniert. Schließlich steht mein Haus an deren Straße.
Die §§ 11 und 11a des Kommunalen Abgabengesetzes stammen aus „Sternstunden“ der Demokratie, produziert von Juristen und jenseits jegliches Realität. Auf solche Art von Betreuung kann der Bürger verzichten!
Das Problem ist ganz einfach es geht nicht mehr um die Gemeindepolitik sondern nur noch um Parteip0litik. Ist der eine dafür ist der andere dagegen. Schuld ist immer nur der andere. Wenn dann von den Bürgern noch ein Parteilose Buergermeister gewählt wurde ist es noch einfacher. Denn der ist ja der Kaiser entscheidet alles allein und ist somit ja auch an allem Schuld. Ich frage mich was die Stadträte Stadtverordneten Ressortleiter usw machen? Die Parteien stellen Bauausschuesse die über die eigene Arbeit und Ergebnisse dieser Arbeit erstaunt sind und dann natuerlich von nichts wissen. Aber der Wähler ist ja so einfach zu manipulieren und teilweise so dumm und macht dann halt sein Kreuz dahin wo er es schon immer machte. Sollte er dann mal aufmucken und sein Kreuz bei der falschen Partei macht dann ist er ein rechter oder gar Nazi.
Ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung.
Zitiere: „Wenn die Genossen die Satzung einbringen, sind die Schwarzen dagegen und kommt der Antrag von der CDU, ist die SPD über die Maßen entsetzt.“
Und trotzdem werden sie wieder und immer wieder gewählt. Gleichgültig, was immer sie zuvor auch taten.
Das ist in kleinen Gemeinden so. Auf Bundesebene nennt man es mittlerweile GroKo!
Das hört sich an, als ob das Los gezogen wird und irgend ein armer Kerl muss die Zeche zahlen.
Jeder weiß, dass eine Anschaffung irgendwann erneuert werden muss. Jeder, der ein Haus besitzt, weiß, dass in großen Abständen mal die Straße erneuert werden muss. Meistens ist es lange vorher gut erkennbar am steigenden Aufkommen von Schlaglöchern.
Mieteinnahmen muss man schon so kalkulieren, dass diese Beträge beinhaltet sind. Es können ja nicht die Mieter zur Kasse gebeten werden, die zufällig gerade jetzt dort wohnen.
Eigentum verpflichtet.
Die Bürger müssten auf die Strasse und ihre ummut sagen
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