SCHWALMSTADT. Es ist Karneval! Und von wegen, das könnten wir in Nordhessen nicht! Die großen Reden zu den Groko-Verhandlungen fallen in die Zeit der großen Büttenreden! Helau! Da darf man Spaß haben und die Akteure auf der politischen Bühne werden ab sofort von Kabarettisten und Karnevalisten in die Zange genommen. Humorlos darf man da nicht sein!
Apropos Karneval: der Hessische Rundfunk hat für seine Veranstaltung in Nordhessen mal wieder Plakate geklebt und diese mit einer frohen Botschaft versehen: „Endlich Fastnacht!“ Das poppt alle paar Jahre erneut auf, vermutlich dann, wenn nach Personalwechseln mal wieder alle Beteiligten eine andere Sendung machen, die bereits wussten, dass in Nordhessen wirklich niemand Fastnacht sagt…
Als 1976, beim ARD-Fernseh-Mehrteiler „Der Winter, der ein Sommer war“, der Kasseler Landgraf südhessische babbelte, brach in Hessen der sprachliche Glaubenskrieg aus. Die linguistische Bereinigung „nordhessischer Unebenheiten“ ist eine der Widrigkeiten in Hessen, die allerdings nicht gelingen wird. Am 4. Februar ist in Gudensberg Mundartnachmittag, da können wir das wieder beweisen! Auch Hans Eichel hat als Kasseläner Schlacke allen hochdeutschen Versuchungen widerstanden!
Schließlich haben die Huskys gerade mal wieder die Derby-Hoheit gegenüber den Lions. Im ewigen Eis liegt die Zukunft! Die MT Melsungen zeigt seit Jahren, wovon die SG Wallau-Massenheim nur noch träumen kann. Die Frankfurter Eintracht erklärt ihren Fans Jahr für Jahr, was sie alles könnte, wenn der Trainer endlich perfekt passen würde, der Verein Geld hätte, die Gegner fairer und die Schiedsrichter objektiver wären und die Medien nicht so einseitig berichten würden.
Dort ist das Jammern, das wir Nordhessen früher natürlich einfach besser konnten, also jetzt angekommen! Der KSV Hessen Kassel jammert schließlich nicht mehr, schlimmer geht’s nimmer und sportlich ohne Ambitionen, lebt es sich in der vierten oder fünften Liga auch ganz gut. Hauptsache Spaß!
Jetzt kommt die A49. Bis Kassel geht sie ja schon, die Anbindung nach Norden ist also nicht das Problem. Aber wir könnten in ein paar Jahren massenhaft in Frankfurt einfallen – die neue Autobahn wird die Fahrzeit verkürzen, wenn wir nicht in einem südhessischen Stau stehen – und das neue nordhessische Selbstbewusstsein am Mainufer, auf dem Römer und auf der Zeil spazieren tragen und dabei kulinarische Botschaften verbreiten: Ahle Worscht statt Handkäs, Hütt-Bier und Schwalmbräu statt Äppelwoi, Weggewergg statt Salzekuchen und Griene Soße statt Grie Sooß: Schmand und Sahne statt Joghurt und Quark, Dill und Zitronenmelisse statt Kerbel und Kresse…
Ihr
Rainer Sander