ALSFELD. Eine gelungene Zwischenbilanz nach zwei Jahren Großer Koalition im Vogelsbergkreis zog die CDU bei ihrem Kreisparteitag in Alsfeld-Leusel. Dabei wurde der gesamte Kreisvorstand neu gewählt und weitere Gremien besetzt.
Dr. Jens Mischak, 39 Jahre aus Lauterbach, wurde von den Delegierten mit 70 von 71 Stimmen einstimmig (70 Ja, 1 Enthaltung) in seinem Amt bestätigt. Der seit vier Jahren amtierende Kreisparteichef, der auch seit zwei Jahren hauptamtlicher Erster Kreisbeigeordneter des Vogelsbergkreises ist, konnte über eine durchaus erfolgreiche Parteiarbeit in den letzten zwei Jahren berichten. Zwar habe man nicht immer alle Ziele, wie bei Bürgermeisterwahlen erreichen können, dennoch sei die Kreispartei hervorragend aufgestellt. Nicht nur sechs CDU-Rathauschefs im Kreis gäbe es mittlerweile, auch wäre die Verbindung zu den CDU-geführten Regierungen in Hessen und Berlin bestens, stellte Mischak heraus. Gerade die Bundestagswahl im Herbst sei von den Wahlergebnissen wenig berauschend gewesen, aber die mittlerweile gebildete Bundesregierung habe mit den beiden auch im Vogelsbergkreis gewählten Bundestagsabgeordneten Dr. Helge Braun als Kanzleramtschef und Dr. Peter Tauber als Staatssekretär bei Verteidigungsministerin von der Leyen „zwei gute Leute aus der Region am Start“, betonte der Parteichef. Auch wenn man vielleicht nicht immer hundertprozentig mit der Landesregierung in Wiesbaden zufrieden sei, freue man sich, dass man eine Besserstellung und ein nachhaltiges Engagement für den ländlichen Raum erkennen könne. „Bei der Stadt-Land-Beziehung geht es aber nicht um Gleichmacherei. Wir wollen nicht so sein, wie die Ballungsgebiete. Der besondere Reiz des ländlichen Raumes besteht ja gerade darin, dass wir anders sind, uns abheben. Aber wir wollen eine faire Chance haben als ländlicher Raum.“
Die aktuelle Strategie der Landesregierung für den ländlichen Raum „Land hat Zukunft – Heimat Hessen“ sei der richtige Weg. Konkret sei die Errichtung der zentralen Grunderwerbssteuerstelle der Landesfinanzverwaltung in Lauterbach ein beispielgebender Weg von Finanzminister Thomas Schäfer.
Zur Vorbereitung der Landtagswahl im Oktober sei es den Vogelsberger Christdemokarten gelungen, die Nachfolge von Kurt Wiegel für den Landtag „praktisch geräuschlos zu organisieren“. Mischak hob hervor, dass es immerhin vier gestandene Bewerberinnen und Bewerber gab, letztlich sich aber Michael Ruhl aus Herbstein durchsetzte. Mit Ruhl, der einerseits durch gute Ausbildung als Diplom-Wirtschaftsingenieur, interessanten Beruf bei der Bundesbank und kommunalpolitische Erfahrung glänze, aber mit „erst 33 Jahren auch für Frische und Erneuerung in der Politik“ stehe, habe die CDU im Wahlkreis Vogelsberg/Laubach ein hervorragendes Personalangebot an die Wähler. Dem amtierenden Landtagsabgeordneten Kurt Wiegel zu danken, sei noch etwas verfrüht, da er noch ein dreiviertel Jahr tätig sei. Wiegel gehört dem Landtag seit 2003 mit einer Unterbrechung im Jahr 2008 an und ist derzeit agrarpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.
Der Vorsitzende der Vogelsberger CDU-Kreistagsfraktion, Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule, hob die Bedeutung der CDU-Kreistagsfraktion in der Koalition mit den Sozialdemokraten im Kreistag hervor. Die CDU-geführte Koalition und SPD-Landrat Görig würden den Vogelsbergkreis sachpolitisch gut voranbringen. In vielen Bereichen „kann sich auch ein Landrat von der SPD auf die guten Verbindungen der CDU zu den Regierungen in Wiesbaden und Berlin verlassen, wenn es den Menschen im Kreis dient“, unterstrich Paule. Er stellte auch die besondere Rolle des Ersten Kreisbeigeordneten Jens Mischak für den Vogelsbergkreis heraus, da der Jurist nach knapp zwei Jahren im Hauptamt hohe Fachkompetenz und exzellente Kommunikationsfähigkeiten bewiesen habe. Etwa als Wirtschaftsdezernent und Straßenbauverantwortlicher habe der Stellvertreter des Landrats „erkennbare politische Fußspuren“ hinterlassen, lobte Paule. Die Entscheidung vor zwei Jahren, mit der SPD eine Koalition einzugehen, auf eine CDU-Landratskandidatur zu verzichten und den Ersten Kreisbeigeordneten durch die Union hauptamtlich zu besetzen, habe sich als richtig erwiesen, zeigt sich der Fraktionschef sicher. Für viele Bürger stelle sich die Arbeit des Vogelsberger Kreistages vielleicht als wenig spannend dar, so Paule. „Aber gerade weil CDU und SPD so sachorientiert im Kreis zusammenarbeiten und man das mögliche Knirschen draußen nicht hört, ist die Arbeit der Kreiskoalition so erfolgreich“, fasste Paule zusammen.
Mit verschiedenen Initiativen der CDU-geführten Koalition im Tourismus, bei der Wirtschaftsförderung und Regionalmarketing habe sie Leitplanken gesetzt. Konkrete Maßnahmen seine die „Gemeinsame Submissionsstelle“ im kommunalen Vergabewesen und die Stellungnahme zum Landesentwicklungsplan durch den Kreisausschuss gewesen. Mit verschiedenen kommunalfreundlichen Maßnahmen, wie der „Hessenkasse“ zur Entschuldung des Vogelsbergkreises um 85 Millionen Euro Kassenkredite und dem Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) würden nun Schulen in Lauterbach, Oberes Ohmtal (Mücke), Homberg, Schlitz, Romrod, Angersbach, Freiensteinau und Herbstein saniert.
Paule und Mischak kündigten gemeinsam an, dass es nun gelte, mehr Geld für die Sanierung der Kreisstraßen locker zu machen. Diese befänden sich mitunter in einem desolaten Zustand und „homöopathische Dosierungen“ reichten hier nicht mehr aus, um dem Werteverzehr Herr zu werden. Darüber wolle man gemeinsam mit dem Koalitionspartner verhandeln und eine Strategie beschließen, so Paule.
Die Kreistagsfraktion beschränke sich aber nicht nur auf die reine Kreistagsarbeit, sondern sie reise auch durch den Vogelsberg, besichtige Firmen und Institutionen, führe Fachgespräche wie zum Landesentwicklungsplan, zum Ladenschlussgesetz oder zum Wohnungsbau. Gerade bei Fragen der Digitalisierung und des Netzausbaus werde die CDU-Kreistagsfraktion zusammen mit Wirtschaftsdezernent Mischak ihre guten Kontakte nach Berlin zum Vorteil der Vogelsberger gerne einsetzen.
Zur Landtagswahl im Herbst mahnte CDU-Landtagskandidat Michael Ruhl, dass von den Koalitionspartnern, der SPD in Berlin und den Grünen in Wiesbaden, wenig Zurückhaltung beim Wahlkampf zu erwarten sei. Auch die FDP und die Rechtspopulisten von der AFD seien keine CDU-Freunde. „Deshalb müssen wir als CDU in Hessen und im neuen Wahlkreis Vogelsberg/Laubach inhaltlich geschlossen, argumentativ stark und höchst rührig sein“. Ruhl bemerkte, dass etwa die als pragmatisch geltende Grünen-Landtagskandidatin Goldbach, wenn parteiinterne Kandidatenaufstellungen für Bundestag und Landtag anstünden, „zur Klientelbefriedung gebetsmühlenartig den Straßenbau verteufelt“. Gerade die Autobahn A 49 und die Ortsumgehung Lauterbach/Wartenberg im Zuge der B 254 Fulda-Alsfeld seien dringend notwendig und von allen politischen Ebenen gewollt. Der SPD-Bewerber für den Landtag verspreche momentan allen Alles, koste es, was es wolle, kritisierte Ruhl seinen Mitbewerber. Die CDU stehe dagegen für eine solide Haushalts- und Finanzpolitik und komme, trotz hoher Investitionen, seit Jahren ohne neue Schulden aus. Ruhl wünscht sich, dass der Landtagswahlkampf im Wahlkreis fair stattfindet und „keine schlechten Vibrationen in die Kreiskoalition“ trägt.
In den neuen Kreisvorstand wurden bis zum Frühjahr 2020 neben Kreisvorsitzendem Dr. Jens Mischak (Lauterbach) seine Stellvertreter Christiane Schlitt (Romrod), Alexander Heinz (Alsfeld), Michael Ruhl (Herbstein) und Dieter Boß (Schwalmtal) gewählt. Schatzmeister ist wieder Wigbert Hill (Antrifttal), Schriftführer Jens Heddrich (Grebenau), neuer Mitgliederbeauftragter Lukas Kaufmann (Wartenberg). Zu Beisitzern wurden gewählt Michael Apel (Lauterbach), Helmut Freudenreich (Schlitz), Patrick Heil (Lautertal), Andreas Herbst (Kirtorf), Dr. Hans Heuser (Mücke), Ewald Hofmann (Schwalmtal), Hans-Jürgen Jochim (Schotten), Laura Refflinghaus, Frank Jungk (beide Alsfeld), Christina Kersten (Grebenau), Franz-Josef Kreuter (Antrifttal), Kai-Hendrik Müller (Feldatal), Hauke Schmehl (Romrod) und Benjamin Wolf (Homberg/Ohm). (pm)