Vier Zukunftsprojekte in Baunatal „aufs Gleis“ gesetzt

BAUNATAL. Auch wenn Baunatal – ob mit Schiene oder ohne – mit dem Nahverkehr hadert, Gestern Abend haben die Stadtverordneten Zukunftsprojekte aus Gleis gesetzt. Die STAVO hat damit am Montagabend Weichen für die Zukunft gestellt und deutliche Signale gesetzt: Von der Kita-Strategie über den Bedarfsplan der Feuerwehr bis zum neuen Modell der Baunataler Nachrichten.

Dazu kamen Beteiligungen am Windpark Stiftswald und die Prüfung von ÖPP-Projekten für Hallen und Feuerwehrhäuser.

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Interkommunale Zusammenarbeit: Kooperationen neu geordnet

Zunächst aber ging es um die Interkommunale Zusammenarbeit. Ein bereits im Wahlkampf von Bürgermeister Henry Richter favorisiertes Thema. Die Stadtverordneten haben gestern auf den Vorschlag des Magistrates einstimmig beschlossen, mehrere bestehende Kooperationen mit der Nachbargemeinde Schauenburg neu zu ordnen. Grundlage war ein Leitlinienbeschluss zur Haushaltskonsolidierung, bei dem alle Vereinbarungen nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (KGG) auf Wirtschaftlichkeit geprüft wurden.

  • Beendet werden die Kooperationen in der Vergabe- und Beschaffungsstelle (zum 30.09.2025) und im Gewerbeprüfdienst (zum 31.12.2025), da Leistungen nicht mehr abgerufen wurden oder unterschiedliche Strategien verfolgt werden.
  • Fortgeführt, aber angepasst werden die Kooperationen bei Digitalisierungsstrategie und Informations- und Kommunikationstechnik. Hier werden Zusatzvereinbarungen geschlossen, die Kosten gerechter verteilen und künftige Abrechnungen regeln.
  • Geprüft werden neue Modelle: eine gemeinsame Fördermittelstelle mit Schauenburg und Wolfhagen (Landesförderung in Aussicht), Kooperationen bei Kindergartenverwaltung und Verpflegungsküchen sowie bei Ordnungswidrigkeiten (z. B. mobile Blitzer, Veranstaltungsabsicherung).
  • Eigenständig fortgeführt werden künftig die Obdachlosenunterbringung (in städtischen Liegenschaften wirtschaftlicher) und das Standesamt (bereits im März angepasst, Umlage nach Einwohnerzahl).

Damit zieht die Stadt ein gemischtes Fazit: Einige Synergien haben sich bewährt, andere laufen aus, neue werden geprüft.

Kindergärten: Bedarf steigt rasant

Die Vorlage zur Kindergartenstrategie sieht eine langfristige Bedarfsplanung, Sanierungen und Neubauten vor. Ziel ist es, alle Stadtteile zu erhalten, dabei aber auf serielle Bauweisen und standardisierte Verfahren zu setzen. Auch Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) und die Übergabe an freie Träger sollen geprüft werden.

  • Bürgermeister Henry Richter (parteilos) verwies auf Pläne, künftig auch neue Modelle zur Verpflegung der Kinder.
  • Erster Stadtrat Daniel Jung (SPD) hob hervor: „Baunatal bildet – dieses Markenzeichen bleibt. Aber der Bedarf galoppiert uns davon.“ Eine Erhebung habe gezeigt, dass durch Integration und kleinere Gruppen die Zahl der Plätze sprunghaft steigen müsse. „1.400 Kinder sind aktuell in Betreuung, die ältesten Gebäude stammen aus den 50er Jahren. Vor allem sieben Standorte müssen wir besonders in den Blick nehmen – zuerst am Hünstein.“ Auch ÖPP-Modell und Vergabe an Freie Träger will der zuständige Stadtrat nicht ausschließen.

Ein Beschluss war dazu nicht zu fassen.

Baunataler Nachrichten: Hybrides Modell im Teilnehmerwettbewerb beschlossen

Die Vorlage zum Zukunftsmodell Baunataler Nachrichten umfasst Printausgabe, digitale Plattform, Archiv, Content-Management-System und Bürger-App. Ziel ist eine hybride Lösung mit Synergien für Verwaltung, Vereine und Bürgerschaft.

  • Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine erinnerte daran: „Im November 2024 haben wir den Magistrat beauftragt, dieses Zukunftsmodell zu erarbeiten. Heute steht die Umsetzung an.“
  • Bürgermeister Richter ergänzte: „Wir haben die Kriterien mit einem Arbeitskreis entwickelt, auch Vorbilder wie die Digitalstadt Ahaus angeschaut. Apps, KI-Agenten, Smart City – alles ist möglich.“ Die normale Ausschreibung läuft 30 Tage, Submission wäre Ende Oktober, Start am 1. November. Richter erkennt in allen Gremien die Favorisierung einer Konzeptausschreibung, mahnte aber: „Wenn wir auf dieses Verfahren mit Teilnehmerwettbewerb ausweichen, haben wir am 1. November kein Mitteilungsorgan – dann frühestens zum Jahreswechsel.“ Er bittet deshalb um ein Votum zur Konzeptvergabe.

Die Beschlüsse:

  • Hybrides Konzept: mit drei Enthaltungen der FDP in großer Mehrheit angenommen.
  • Vergabe im Teilnehmerwettbewerb: Einstimmig mit einer Enthaltung angenommen.

Windpark Stiftswald: Zustimmung ohne Debatte

Die Vorlage zur Beteiligung am Windpark Stiftswald über die Kommunalwerke Region Kassel sah eine Bürgschaft der Stadt vor. Sie wurde einstimmig und ohne Diskussion beschlossen.

Feuerwehr-Bedarfsplan: Handlungsbedarf unstrittig

Die 150-seitige Vorlage zum Bedarfs- und Entwicklungsplan der Feuerwehr wurde von allen Fraktionen begrüßt.

  • Frank Böttcher (SPD), Vorsitzender des Haupt- und Finanzausschusses: „Wir müssen nicht jedes Komma studieren. Der Plan bewertet Mängel mit einer Ampel. Entscheidend ist: Personal auf Grün, keine negativen Schlagzeilen. Danke an alle Kameradinnen und Kameraden.“
  • Lothar Rost (B90/GRÜNE) wies auf gravierende Mängel hin: „Vier Standorte sind kritisch – Gesundheitsrisiken, Stellplätze, Torausfahrten, fehlende Schwarz-Weiß-Trennung. Wir müssen Multifunktionshäuser prüfen und Hilfsfrist beachten.“
  • Udo Rodenberg (SPD) sprach von „Heidenarbeit“ und betonte den Handlungsbedarf.
  • Andreas Mock (CDU) verwies auf steigende Einsatz-Zahlen: „Die A49 bringt mehr Verkehr, dazu kommen Katastrophenlagen. Fahrzeuge und Nachwuchs sind gut, die Häuser sind das Problem.“ Er plädierte für moderne Bauweisen mit Generalunternehmern.
  • Bürgermeister Richter unterstrich: „Wir können nicht warten. Die 10-Minuten-Hilfsfrist verpflichtet uns, alle sieben Stadtteile abzusichern. An der Sicherheit darf nicht gespart werden.“

Der Bedarfsplan wurde einstimmig beschlossen.

ÖPP-Modelle werden geprüft – Mehrheit gegen FDP-Erweiterung

Die Beschlussvorlage eine gemeinsamen SPD/CDU-Antrages sah vor, den Magistrat zu beauftragen, ÖPP-Modelle für den Neubau oder die Sanierung von Kulturhalle, Max-Riegel-Halle sowie mehreren Feuerwehrhäusern prüfen zu lassen.

  • Udo Rodenberg (SPD) erklärte: „Wir brauchen Lösungen für Hallen und Feuerwehrhäuser. Multifunktional, modern, und ohne Zeitverzug.“
  • Oliver König (FDP) beantragte als Ergänzung, auch klassische Finanzierungen als Vergleich mit Kosten und Risiken einzubeziehen.
  • Lothar Rost (B90/GRÜNE) mahnte: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Wir brauchen Vollkostenrechnungen über die gesamte Nutzungszeit, Fördermittel, günstige Kredite. Erst die Sanierungsliste und den Sportstättenentwicklungsplan, dann Entscheidungen.“
  • Andreas Mock (CDU) hielt dagegen: „Seit 15 Jahren diskutieren wir. Hallen haben enormen Sanierungsbedarf. Die Grünen hätten schon früher mitmachen können. Wir brauchen jetzt Generalunternehmer mit modularen Lösungen. Zeitdruck und Investitionen sind das Signal, dass wir Baunatal als Sportstadt stärken.“

Die Stadtverordneten folgten dem Wunsch der GRÜNEN, die reine ÖPP-Prüfung und die Projekte zu trennen und getrennt abzustimmen. Lothar Rost: „Wir wollen ja ÖPP prüfen!“

Die Beschlüsse:

  • Prüfauftrag ÖPP: einstimmig angenommen.
  • Bauprojekte: mit Mehrheit gegen die Grünen angenommen.
  • FDP-Ergänzung: mit Mehrheit von SPD/CDU gegen Grüne und FDP abgelehnt.

Zu Beginn der Sitzung gedachten die Stadtverordneten dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Dr. Rainer Oswald, der völlig überraschend verstorben ist. Bürgermeister Henry Richter erinnerte an ihn als einen Menschen mit Kompetenz, Politiker mit Haltung und Herz, kompetenten Wissenschaftler und fairen Partner. Neu in die Stadtverordnetenversammlung nachgerückt waren: David Stephan (CDU) und Oliver Fröhlich (FDP). (rainer sander)

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