FRIELENDORF. Es geht los, wir haben uns ins neue Jahr geknallt. Ich habe einen Husky und der regt sich nicht, wenn es donnert. Da gibt es allerdings empfindlichere Tiere. Ich persönlich fand es schon die letzten Tage etwas lästig, wenn ein paar Jugendliche in der Nachbarschaft bereits gezeigt haben, dass das Taschengeld für allerlei Knallkörper gereicht hat. Ich habe mich aber an meine Jugendzeit in Kassel erinnert, als wir Ladykracher auch in Briefkästen geschmissen haben, weil’s da am besten rummst.

Im Bundesgebiet war die Silvesternacht zumindest ungefährlicher und ruhiger als 2022/2023.

Früher war alles besser, echt!

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In 50 Jahren kann man schon mal vergessen, wie die eigene Jugend war. Das war übrigens die Zeit, in der alles besser gewesen ist. Ganz sicher! Da haben alle mehr verdient, weniger Steuern bezahlt, weniger gearbeitet und es wurde vor allem nicht gestohlen und gemordet. Echt! Was die Straftaten betrifft: In Wirklichkeit geht die Statistik insbesondere bei Gewalttaten und dort vor allem bei Morden kontinuierlich zurück. Trotz Flüchtlingen. Wir haben auch das früher selbst erledigt …

Ich erinnere mich wie gestern, dass meine Mutter – bis ich ins Gymnasium kam – noch mit der Hand Wäsche gewaschen und Kochwäsche auf dem Herd gekocht hat. Kochwäsche eben. Fritten auf dem Herd in einem Topf voll heißem Öl waren immer hart an der Brandkatastrophe. Wenn ich meine Freunde hätte anrufen wollen, um mich zum Spielen zu verabreden … Ach Quatsch, auf die Idee wären wir gar nicht gekommen. Die Einheit hat später von Baunatal-Großenritte (Ortsnetz Schauenburg) nach Baunatal Altenbauna (Ortsnetz Kassel) 21 Pfennig gekostet und das im Minutentakt. Papi wäre explodiert. Er hat dafür auch samstags arbeiten müssen, Mutti ebenfalls und sogar Schule fand an Samstagen statt. Work-Life-Balance gab‘s nur sonntags. Ich erinnere mich, dass die Einkommen deutlich niedriger waren, aber ein Farbfernseher (!) 1975 so um die 2000 Mark gekostet hat (nach heutiger Kaufkraft 3.000 Euro). Für viele Krankheiten wie Herzerkrankungen, Leukämie, Magengeschwüre oder den Grauen Star gab es noch keine Lösung. Grippewellen mit zig Tausenden Opfern sind einfach passiert.

Sehnt sich wirklich jemand danach? Also ich möchte das alles nicht mehr. Ich hätte gerne manches besser, aber ein Grund für dieses ständige Gefühl, das alles linear oder rasant schlechter wird, will sich nicht offenbaren.

Was bringt das neue Jahr? Was kommt auf uns zu?

Ein bisschen ändert sich jetzt. Es gibt 61 €uro mehr Bürgergeld für Alleinstehende, 0,41 €uro mehr Mindestlohn jede Stunde. Für qualifizierte Pflegefachkräfte klettert er sogar auf 19,50 €. Dafür steigt der CO2-Preis und es werden Benzin sowie Diesel rund 4 bis 5 Cent/Liter teurer. Auch Heizöl und Gas werden dann mehr kosten. Dafür wird Cannabis legal. Und billiger. Vermutlich … Ok, wer’s braucht …

Fachkräftemangel ist keine Erfindung der Medien. Nahezu alle von uns müssen für Kolleginnen und Kollegen mitarbeiten, deren Stellen gerade nicht zu besetzen sind. Am schlimmsten ist das in der Pflege, weil es da die gravierendsten Lücken schlägt oder in den Kindergärten, weil Mama und Papa nicht arbeiten gehen können, wenn die Kinder im Kindergarten nicht versorgt werden.

Ich höre ständig, dass sich das Problem lösen würde, würde mehr gezahlt. Tatsächlich passiert das sogar. Aber zur Wirklichkeit gehört, dass unsere Pflegedienste, Pflegeheime und Kindergärten von uns bezahlt werden müssen. Es will aber kaum jemand dafür mehr zahlen. Wenn außerdem alle anderen Branchen immer noch ein bisschen mehr bezahlen, bleibt die Relation zwischen den Gehältern immer gleich. Genau das passiert gerade. Wir haben ein System geschaffen, in dem nicht mehr die Eltern für die Erziehung der Kinder zuständig sind und Familie nicht mehr für die Versorgung und Pflege der Großeltern. Wir sind davon ausgegangen, dass das besser ist? Und haben echt geglaubt, das Geld dafür fällt vom Himmel und zwei Einkommen sind besser als eins oder zwei Halbe? Nebenbei: Unsere Kinder sind besser betreut denn je, aber die Leistungen werden immer schlechter. Und für die Ganztagsbetreuung werden definitiv die Fachkräfte fehlen.

Das Drama mit dem Klima

Die Sache mit dem Klima wird uns auch 2024 nicht in Ruhe lassen. Was nun wirklich aus dem Heizungsgesetz wird, was gefordert und was aus der Mehrwertsteuer wird, wissen wir nicht. Die aktuelle Hochwasserlage ist für viele auch nur Wetter. Das war schon immer so, haben wir nur nicht richtig mitbekommen. Außerdem mehren sich Stimmen derjenigen, die meinen, man könne doch einen anderen Weg einschlagen. Weil Deutschland das Problem ohnehin nicht lösen kann, sich einfach auf die Situation einstellen und Vorsorge treffen für die Zeiten wenn‘s schlimmer wird. Die Energiewende ist nämlich zu teuer.

Wenn wir zu Ende denken, was es für unsere Gebäude-Versicherungen und die Schadensbeseitigung bedeutet, wenn wir solche Hochwassersituationen, Stürme und Starkregen jetzt jedes Jahr bekommen und diese vielleicht noch viel schlimmer werden. Alle diejenigen, die glauben, dass der Staat dann einfach mehr Geld leihen muss, dürften enttäuscht sein, wenn sie feststellen, dass es dagegen zum einen Regeln gibt und uns zum anderen die Inflation aber verheerender träfe als alles andere. Wir zahlen die Schäden so oder so und zwar immer aus unserer Tasche. Wer sonst?

Aber stellen Sie sich vor, das mit dem Klimawandel käme gar nicht so schlimm. Wir müssten dann die nächsten Jahrzehnte in einer intakten und sauberen Umwelt leben. Schrecklich diese Vorstellung, oder? Auf jeden Fall werden die Restaurant- und Gaststättenbesuche 12 Prozent teurer. Die normale Mehrwertsteuer kehrt zurück.

Ein bisschen mehr Klarheit wäre nicht schlecht …

Wir leben 2024 mit den Folgen des Karlsruher Urteils, nachdem die Schuldenbremse keine Farce ist. Schön, wenn das klar wäre und die aktuellen Krisen nicht als Notlagen definiert werden. Keine der jüngsten Krisen hatte wir auf dem Schirm. Und es scheint doch so zu sein, dass der Krisenmodus nicht aufhört, wenn wir die Hochwasserlage und die Wettervorhersagen betrachten.

Ich fände es schön, wenn die Geschichten aufhören würden, nach denen wir immer weniger Verantwortung tragen und der Staat im Grunde alles leisten kann und muss. Muss er nicht und kann er auch nicht. Ein wenig mehr Klarheit und Ehrlichkeit wäre mein Wunsch für 2024 …

Ihr

Rainer Sander

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