Kommunalwahl: bunt, bunter, Schwalmstadt
SCHWALMSTADT. In der Schwalm gibt es einen besonders feinsinnigen Humor. Da ist man nicht plump! Hier lacht man auch niemanden aus, man führt ihn höchstens höflich vor und lässt dann lachen. Man wird nicht ausfallend, sondern eher ein bisschen schnippisch, ohne dabei in irgendeiner Weise gemein zu sein. Am Ende weiß man in der Schwalm sowieso: „Irgendwie geht‘s immer!“

Anders lässt sich das von „ekom 21“ heute Mittag veröffentlichte Kommunalwahl-Ergebnis für Schwalmstadt überhaupt nicht interpretieren. Eine SPD, die von 38,9 % auf 29,2 % fast zehn Prozent verliert; eine CDU, die relativ gesehen mit einem Sturz von 30,5% auf 22,0 % genauso viel verliert; GRÜNE, die mit jetzt 9,1 % gegenüber 8,7 % – entgegen allen bundesweiten Trends – nicht mal ein halbes Prozent hinzugewinnen; eine LINKE, die von 4,5 % auf 3,4% „abstürzt“ und ein Viertel ihrer wenigen Wähler verliert; außerdem statt einer FWG mit 9,8 % jetzt eine BfS (Bürger für Schwalmstadt) mit 11,6 % und eine FREIE WÄHLER (FW) mit – aus dem Stand – beeindruckenden 17,6 %. Damit hat der – gerne zitierte – Wähler eines erreicht: Niemand im Stadtparlament kann derzeit lächeln. Und es tut auch keiner!

Quelle: ekom21

Das „bestfrustrierende“ Ergebnis?

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Das ist also das – auf den ersten Blick – „bestfrustrierende“ Ergebnis, weil es durch die Bank allen lediglich ein „Ach, du liebes Lottchen!“ entlockt. Nun müssen sich die Schwälmerinnen und Schwälmer, also die Wählerinnen und Wähler, dabei doch bitteschön irgendetwas gedacht haben…

Aber was…???

Nachdem es seit der letzten Kommunalwahl (im Grunde seit mehreren Kommunalwahlen) keine überzeugenden Mehrheiten gegeben hat und seit der Wahl eines parteilosen Bürgermeisters im Dezember 2016 eine Situation von „Magistrat gegen Parlament“ und im Grunde „Alle gegen Einen“ (aber auch „Einer gegen Alle“) entstanden ist, die wenig Sinnvolles und Fruchtbares gebracht hat, entsteht jetzt die Situation „Jeder gegen Jeden“?

Schlimmer geht immer?

Außer durch Zusammentreffen glücklicher Umstände oder unter maximalem (Leidens-) Druck sind in den vergangenen vier Jahren wenig zukunftsweisende Entscheidungen getroffen worden. Irgendwie geht’s immer und für viele Stadtverordnete zählte der gute Eindruck, während die Lust am Streit – die in der Schwalm einer gewissen Tradition folgt – regelrecht kultiviert wurde. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Wähler wollten den Stadtverordneten, dem Magistrat und dem Bürgermeister einen Spiegel vor die Nase halten und sagen: „Macht ruhig weiter so, aber wenn wir (als Wähler) das letzte Wort haben, gilt eines: „schlimmer geht immer!“

Bei Lichte betrachtet hätte auch die einzige noch mögliche Zweier-Konstellation aus SPD und CDU nur noch eine einzige Stimme Mehrheit im Parlament. Da darf nie jemand fehlen! Das war in der letzten Wahlperiode schon mal geplant, hat aber irgendwie nicht funktioniert. Alles andere wird schwierig. Selbst die meisten Dreier-Konstellationen kommen nicht auf die nötigen 19 Stimmen.

Bürgermeisterpartei wenig meisterlich?

Am schlimmsten scheint das Ergebnis für die BfS zu sein. Der Name „Bürger für Schwalmstadt“ wurde im Wahlkampf gerne umgedeutet als „Bürger für Stefan“, denn dass Bürgermeister Stefan Pinhard die Wahlplakate aufgehängt und Prospekte verteilt hat, kommt nicht von ungefähr. Es ist nicht „seine“ Partei, aber ohne ihn gäbe es diese bunte Truppe von ziemlich rechts außen über eine bunt-grüne Mitte bis zu enttäuschten Linksliberalen definitiv nicht. Zu wenig haben diese Kandidaten gemeinsam. Das macht allerdings eine echte Wählergruppe aus, doch als Bürgermeister-Partei sind 11,6 % nun wirklich die mieseste Ausgangsposition. Zum schnell wieder Sterben zu viel, zum politisch einflussreichen Leben zu wenig. Egal wie, die Bürgermeister-Partei braucht mindestens zwei Partner, um das Stadtgeschehen zu beeinflussen und wäre in dieser Koalition dann auch noch der schwächste Partner. Damit ist absolut klar, wie Schwälmer Humor zu verstehen ist!

Dem ist jetzt eigentlich schon nichts mehr hinzuzufügen, außer die eingangs zitierte Schwälmer Tugend: „Es geht halt irgendwie immer.“

Was gerade so ansteht…

Was passiert jetzt eigentlich mit der Wohnungsbaugenossenschaft? Was ist, wenn Schwalmstadt tatsächlich die Landesgartenschau bekommt? Das möchte man sich bei diesem Wahlergebnis nur bedingt vorstellen. Wie war das doch noch einmal mit dem Gewerbegebiet an der A 49? Wie steckt Schwalmstadt Corona weg? Wie ökologisch, sozial gerecht, wirtschaftlich intakt, stadtplanerisch zukunftsfähig, jugendfreundlich, seniorengerecht, barrierefrei oder wie auch immer will die Schwälmer Metropole denn sein?

Man könnte sehr viel tun und in die Zukunft richtig gut durchstarten. Man könnte auch ganz wenig tun und beten – was in der Schwalm ebenfalls eine große und erfolgreiche Tradition besitzt – dass sich andere noch ungeschickter anstellen. Und dann wird‘s vielleicht trotzdem gut…?

Planung und Gottvertrauen!

Mit der Festung haben sich die Vorfahren der heutigen Schwälmer als Menschen bewiesen, die sich ganz gut einmauern konnten, mit der Konfirmation, dass sie auch in Zeiten plötzlicher gravierender Veränderungen in der Lage waren, einen Plan und eine Regel aufzustellen und mit der Eisenbahn, dass sie doch eine gewisse Ahnung davon hatten, dass es irgendwo auf der Welt mehr geben muss, als man von Zuhause kennt. So eine Mischung aus allem, also eine solide Basis, ein Plan und ein Weg in die – vielleicht ungewisse – Zukunft (aber mit Gottvertrauen), wäre jetzt gar nicht schlecht!

Trotzdem wäre es nicht verkehrt, wenn sich schnell eine stabile Mehrheit findet. Auf dem Weg dorthin wissen die Freunde des Bürgermeisters jetzt mit deutlicher Klarheit, wo sie und der Bürgermeister aktuell wirklich stehen, die SPD hat vielleicht begriffen, dass sie eventuell doch nicht die einzige wirkliche Wahrheit kennt, die CDU, dass sie noch so sehr Rumpelstilzchen spielen kann, sie wird genau damit nie eine Stadt regieren können. Die GRÜNEN haben nun eine Ahnung davon, dass in der Schwalm irgendwie alles vielleicht ein bisschen grün ist, jedoch jede Art von extremen Ausprägungen nicht so wirklich gefragt sein könnte, was auf die LINKE analog auch passt. Die FDP lebt von den Menschen, die sie machen und weiß inzwischen, dass die Bäume wachsen, aber auch in der Schwalm nicht in den Himmel. Dann wäre da noch die FW, die traurig ist, nicht noch mehr geschafft zu haben und vielleicht – nach ein paar Tagen – mit mehr als einem Sechstel aller Stimmen, bei 7 Parteien (!), ganz zufrieden sein wird.

Noch ein Bündnis ohne den Bürgermeister?

Ein Bündnis ohne den Bürgermeister hat in den letzten Jahren wenig Erfolgreiches gebracht, sich gegenseitig vorzuführen auch nicht – und sich zu streiten erst recht nicht. Jetzt hat die Wählerschaft ihre Parteien ganz ordentlich vorgeführt und ab heute steht die Entscheidung an: lässt man sich kollektiv am Ring durch die Arena ziehen oder findet der Schwälmer die Ärmel zum Hochkrempeln und die Schwälmerin den Rock (die Röcke) zum Tanzen? Wer als erstes wieder lächelt, hat die Nase vorn. Wetten, dass?

Dann könnte es eine muntere Zeit geben, in der am Ende vielleicht sogar alle lachen können und die Bürger das beim nächsten Mal mit stabilen Verhältnissen honorieren. Oder auch nicht, was dann allerdings völlig egal wäre… (Rainer Sander)

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Zuletzt aktualisiert: 18.03.2021 um 12:12 Uhr

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