Jahrelang Hacker-Angriffe auf europäische Parlamentarier
BRÜSSEL | PEKING | SCHWALMSTADT. Gerade erst wurde ein AfD-Angestellter in Brüssel wegen Spionage für China verhaftet. Seit heute sind Details über wesentlich umfangreichere Spionagetätigkeiten öffentlich, von der die Bundesregierung bereits seit 2 Jahren weiß. 2022 hat das FBI die europäischen Regierungen über mindestens 400 Hacker-Angriffe seit 2021 informiert und Namen genannt.

In einem offenen Brief wenden sich heute 120 betroffene Abgeordnete des Europaparlamentes an die Präsidenten der 27 Länderparlamente und das Europäische Parlament in Brüssel. Sie alle wurden drei Jahre lang – laut FBI – von der Hackergruppe APT31 über die EU-IT ausspioniert. Sie alle gehören zur Interparlamentarischen Allianz zu China (IPAC), die chinakritisch organisiert ist und sich beispielsweise für Menschen- und Minderheitenrechte sowie Demokratie einsetzt. APT31 gilt als Teil der Staatssicherheit der Kommunisten in Peking.

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Mindestens 2 Deutsche unter 400 – darunter Engin Eroglu (FW) aus Schwalmstadt

Zwei Deutsche sind unter den Ausgespähten: Ex-GRÜNEN-Chef Reinhard Bütikofer und Engin Eroglu (FREIE WÄHLER). Wir wissen, so Eroglu zu nh24, dass wir jahrelang ausspioniert wurden und dass unsere eigene Regierung das nur zur Kenntnis genommen hat, wohl um die Beziehungen zu China nicht zu gefährden.“ Das, folgert der Nordhessische/Schwälmer EU-Parlamentarier, war wichtiger, als die eigenen Landsleute zu schützen.

Genauso deutlich wird Reinhard Bütikofer gegenüber BILD, die als erste Zeitung berichten durfte. Er wirft dort der EU und Deutschland „Duckmäusertum“ vor China vor. China-Kritiker Engin Eroglu stellt die Frage: „Wer die Demokratiebewegung in Hongkong sowie die Uiguren unterstützt und für Menschenrechte eintritt, wird einfach von Scholz und Faeser hängen gelassen?“ Er fragt nach Gegenmaßnahmen.

EU-Demokratien müssen reagieren wie USA und GB

Europäische Demokratien können nicht zulassen, schreiben die Betroffenen, dass ein Angriff auf vom Volk gewählte Vertreter ohne eine entschlossene und verhältnismäßige Reaktion bleibt. Bis heute wurden sie von den Landesregierungen nicht über die Angriffe informiert. Im Gegensatz zu den USA und Großbritannien haben die EU-Regierungen auch keine Sanktionen gegen die Angreifer verhängt.

Am 25. März hat das US-Justizministerium eine Anklage gegen sieben Staatsangehörige der Volksrepublik China (VR China) wegen ihrer Beteiligung an einer von der VR China unterstützten Hackergruppe erhoben, schreiben die Parlamentarier gemeinsam. Diese war Teil einer Cyberspionagegruppe des Ministeriums für Staatssicherheit der Volksrepublik China, die sich gegen Gesetzgeber, Beamte, Journalisten und Akademiker richtete.

China zeigt: „Wir treffen jeden“ und damit Kern demokratischer Werte

Nach Angaben des US-Justizministeriums griff die Gruppe im oder um das Jahr 2021 „E-Mail-Konten verschiedener ausländischer Regierungspersonen an, unter anderem alle, die Teil der IPAC waren“. Basierend auf den Informationen der US-Behörden, die sie seit März erhalten haben, konnten mehr als 120 Ziele von APT31 namentlich identifiziert werden. Unter ihnen sind neun Mitglieder des Europäischen Parlaments, drei Mitarbeiter und Mitglieder nationaler Parlamente.

„Dies“, erklärt der offene Brief wörtlich, „war kein Angriff auf eine einzelne politische Partei oder ein bestimmtes Land. Es war ein Angriff auf jeden Politiker, der es wagt, Peking herauszufordern. Wir verurteilen mit einer Stimme diese Handlungen, die den Kern der demokratischen Werte treffen, die uns verbinden. Im vergangenen Jahrzehnt zeigte sich China zunehmend bereit, sich in die politischen Systeme anderer Länder einzumischen. Zu oft blieb ihr Verhalten unbeantwortet. Wir halten Maßnahmen in dieser Angelegenheit im Kontext der bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni für besonders wichtig und dringlich.“

Forderungen der betroffenen Parlamentarier

Angesichts anhaltender Einmischungsversuche bitten die Parlamentarier um:

  1. Offizielle Zuordnung der Angriffe zu APT31, wie in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich
  2. Sanktionen gegen die APT31-Hacker, welche in der Anklageschrift des US-Justizministeriums genannt werden, die am 25. März dieses Jahres entsiegelt wurde
  3. Die Zusicherung, dass Parlamentarier im Falle eines künftigen staatlich geförderten Angriffs rechtzeitig informiert werden
  4. Verbesserung der Cybersicherheitsunterstützung für Politiker

Dieser Brief, liebe Präsidenten, ist ein Aufruf an Sie, dazu beizutragen, die Parlamente Europas besser vor autoritären Hackerangriffen zu schützen. (rs)

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