Kabarett mit Toni und Max Uthoff in Lohfelden
LOHFELDEN. Vater und Tochter auf einer Bühne? Zweieinhalb Stunden lang? Allein? Also zu „zwein“? Das macht nicht einmal Matthias Reim … Wenn es gendergerecht heißt, „Einer zu viel“, ist allerdings klar, wessen Programm performt. Es ist Tonis Show und sie hat reichlich zu sagen. So geht Kabarett mit 18. Schonungslos offen, authentisch und reflektiert über den eigenen Standort.
Wer das Bürgerhaus Lohfelden vergangene Woche Freitag mit der Vorstellung betrat, es sei wie immer mit dem Uthoff, war zumindest überrascht. Wer erwartungslos gekommen war, konnte feststellen, es war vielleicht sogar bereichernder als Uthoff allein. Der begann allerdings solo: mit der Erkenntnis, dass Friedrich Merz jahrelang auf der Ersatzbank gesessen hat und ins Spiel kam, als alle andern krank waren Wer nimmt ihm ab, dass er ein starker Mann ist?
Zwischen politischer Analyse und Weltgefühl
Mit Zwischenrufen aus dem Publikum stürmt Toni die Bühne, stellt das mit dem Kabarett und den alten weißen Männern grundsätzlich infrage: „Du machst seit 20 Jahren politisches Kabarett und trotzdem ist Friedrich Merz Bundeskanzler!“ Es folgt ein Abend, der zwischen Erkenntnis, Weisheit, Lebensbeichte und gesellschaftlichem Sezieren pendelt. Der Running-Gag, „hast Du mich deshalb dabei“ ist rhetorische Floskel einer jungen Frau, die sich dazu bekennt, lieber sich selbst auf der Bühne zu sein, als Abi zu machen.
Das Publikum bekam dabei bloß, was der Name versprach: ein Zwiegespräch zwischen Generationen, Denkweisen und Temperamenten – intelligent, pointiert und bisweilen herrlich absurd. Vater Toni bringt die große politische Analyse mit, während Tochter Max das Weltgefühl einer Generation beisteuert, die zwischen Therapiesitzung, Social Media und Selbstoptimierung aufwächst. Wer’s lieber in Kategorien ausdrückt: Generation Z trifft auf Generation X.
Absurditäten und Wahrheiten des Zeitgeistes
Das Programm wandert souverän durch Themen, die den Zeitgeist spiegeln – von der Absurdität politischer Selbstinszenierung bis zur satirischen Dekonstruktion von Rassismus, Cancel-Culture, Catcalling und Lieferkettengesetz. Da wird die Bezeichnung „Veggiewurst“ zur Machtfrage und die Modewelt zur Karikatur, wenn alle „so schön aussehen wie Glööckler“.
Die beiden Uthoffs jonglieren mit Widersprüchen: Während die Tochter über Depression, Aufmerksamkeitsspannen und Internetkultur spricht („Wir organisieren unseren Protest auf Plattformen, die entweder Chinesen oder größenwahnsinnigen Milliardären gehören“), hält der Vater den Spiegel hoch – trocken, analytisch, bisweilen sarkastisch.
Gesellschaftliche Therapie mit Witz
Der Humor bleibt dabei nie Selbstzweck. Vielmehr dient er als Ventil für die Ratlosigkeit unserer Zeit. „Wer sich heute gut fühlen will, muss konservativ sein“, heißt es an einer Stelle – und schon prallen Lebensentwürfe, Ideologien und Generationserfahrungen aufeinander. Es ist eine Art kabarettistischer Therapie, bei der man lachen darf, obwohl der Befund ernst ist.
Das Duo bleibt dabei unterhaltsam, klug und nahbar. Zwischen „Herr der Ringe“-Zitaten, „Odyssee im Weltraum“-Anspielungen mit Trump und JD Vance sowie Alltagsbeobachtungen aus der Internetblase entwickelt sich ein Abend, der mehr Fragen stellt, als er beantwortet – und genau darin seinen Reiz entfaltet. Zum Beispiel: Kann aus Pornos Sex lernen? Das wäre, als würde man mit „Fast and Furious“ für den Führerschein lernen … Zum Schluss gab‘s stehenden Applaus im gut ausverkauften Bürgerhaus Lohfelden von einem Publikum, das sich gleichermaßen ertappt, amüsiert und verstanden gefühlt hat. (rainer sander)















