SCHWALMSTADT. Die laufenden Überprüfungen der während der Pandemie ausgezahlten Corona-Soforthilfen sorgen bundesweit für Diskussionen. Auch Steuerberater Thorsten Wechsel aus Schwalmstadt hat sich nun in einer Stellungnahme zu den Rückforderungen geäußert. Er kritisiert die angewandten Berechnungsmethoden und stellt die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen infrage.

Kritik an Berechnungsgrundlage

Laut Wechsel führen die Prüfungen in zahlreichen Fällen zu Rückforderungen, die auf einem Schema beruhen, das die wirtschaftliche Realität vieler Betriebe nicht abbildet. So würden Personalkosten, die bei der Antragstellung noch berücksichtigt werden durften, jetzt außer Acht gelassen. Unternehmer, die Löhne und Sozialabgaben aus eigener Tasche gezahlt hätten, sähen sich dadurch benachteiligt.

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Auch Investitionen und Abschreibungen würden bei den Abrechnungen nicht einbezogen, ebenso wenig wie betriebliche Kreditrückzahlungen. „Kredite werden aus den Zahlungsüberschüssen des Unternehmens bedient und bleiben unberücksichtigt“, so Wechsel. Zudem würden Zahlungsverzögerungen von Rechnungen nicht einbezogen, obwohl sie die Liquidität vieler Betriebe erheblich belastet hätten.

Fehlende Anerkennung betrieblicher und privater Kosten

Überdies verweist der Steuerberater auf die Nichtberücksichtigung von Kosten, die für Unternehmer zur Daseinsvorsorge notwendig sind, etwa Krankenkassenbeiträge. Auch betriebliche Steuerzahlungen wie Umsatz- oder Gewerbesteuern würden nicht angerechnet, während Steuererstattungen hingegen als Einnahmen verbucht würden. Zudem flössen betriebliche Rücklagen in die Berechnungen ein, was nach Wechsel zu Verzerrungen führe.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit

Nach Einschätzung von Wechsel führt das Berechnungsschema dazu, dass Überschüsse konstruiert werden, wo in Wahrheit Verluste und Belastungen entstanden seien. Betroffen seien vorwiegend Betriebe, die in der Pandemie Verantwortung übernommen, Personal gehalten und ihre Verpflichtungen erfüllt hätten.

Das Vorgehen sei nicht nur unfair, sondern auch rechtlich zweifelhaft. Zwar sei es richtig, dass Überkompensationen zurückgezahlt werden müssten. Sollte die Politik jedoch an der bisherigen Berechnung festhalten, bleibe vielen Unternehmern nur noch der Gang vor Gericht, wie dies bereits in Bayern und Nordrhein-Westfalen der Fall sei. Wechsel fordert, die Verfahren realitätsnah und gerecht zu gestalten, um Existenzen nicht zusätzlich zu gefährden und das Vertrauen in staatliche Hilfsprogramme nicht dauerhaft zu beschädigen. (wal)

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