Für besseren Lärmschutz entlang der A49
BAUNATAL | EDERMÜNDE | GUDENSBERG | FRITZLAR | BORKEN | NEUENTAL. Die Fernverbindung von Norden nach Süden besteht seit dem Altertum und sie hat das Mittelalter überlebt. Der Handel zwischen Rom und dem freien Germanen nördlich des Limes hat die Eisenzeit geprägt. Eiserne Karossen oder zunehmend solche aus Kunststoff fahren jetzt wieder. Quasi auf alter Trasse.

Auch als die Knallhütte, die ihrem Namen der damaligen Lärmentwicklung durch das Peitschenknallen an der Bergauf-Strecke verdankt, noch Pferdewechselstation zur Zeit der Brüder Grimm gewesen ist, herrschte ordentlich Verkehr zwischen Hessen-Kassel und der Rhein-Main-Region. Und wen wundert‘s, wenn Verkehrsströme entlang von B 254 und B 3 schon immer dort genervt haben, dass die A 49 sehr plötzlich für sehr viel mehr Verkehr sorgt.

Entwicklung im Bau- und Planungsrecht schafft Zweiklassengesellschaft

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Dass ihre Realisierung weit mehr als ein halbes Jahrhundert dauert, viele Änderungen im Baurecht und im Bewusstsein von Menschen bezüglich Klima-, Natur- und Gesundheitsschutz erlebt, war beim ersten Planentwurf nicht vorherzusehen. Wäre sie vor 60 Jahren zügig durchgebaut worden, gäbe es nirgends an der Autobahn eine Lärmschutzwand. Hätte man sie heute in einem Stück von Kassel an und nicht ab Neuental realisiert, gäbe es auch in Baunatal, Edermünde, Gudensberg, Fritzlar, Borken und Neuental solche Maßnahmen. Gebaut wird immer nach dem aktuellen Standard und so ist aufgrund des Deutschlandtempos beim Autobahnbau eine Zweiklassengesellschaft im Lärm- und Gesundheitsschutz entstanden.

Der Lückenschluss der A49 zur A5 hat die Verkehrslage entlang der Bestandsstrecke grundlegend verändert. Eine massive Zunahme der Belastung, dokumentiert durch erste Lärmmessungen und eine drohende Schlechterstellung der Anwohner treiben die Bürgerinitiative IgL (Interessengemeinschaft gegen Lärm) sowie die Bürgermeister der betroffenen Kommunen an, sich noch entschlossener für echten Lärmschutz einzusetzen.

Von der Regionalstraße zur transeuropäischen Achse

Mit täglich durchschnittlich 21.000 zusätzlichen Fahrzeugen – Tendenz steigend – wird die A49 zunehmend zur bedeutenden Transitstrecke. Doch nicht nur die Verlagerung des Verkehrs macht Sorgen: Auch die sogenannte „Sogwirkung“ neuer Logistikzentren und Gewerbegebiete bringt zusätzliche Belastung. Frühere Prognosen sprechen von bis zu 25.000 Fahrzeugen täglich, wie IgL-Sprecher Günther Schumann betont.

Damit erreicht die Diskussion eine neue Dimension: Aus einer regionalen Verkehrsader wird eine transeuropäische Fernstraße mit mindestens einer Verdoppelung des Verkehrsaufkommens. Die IgL hat bisher rund 21.000 Fahrzeugen täglich gezählt.

Messungen bestätigen Anstieg – Verdoppelung der Lärmbelastung

Erste Auswertungen der an der Hauptstraße in Holzhausen installierten Lärmmessbox belegen, dass die Lärmbelastung nach dem Lückenschluss deutlich gestiegen ist. Eine Erhöhung von nur 3 dB(A) wird vom menschlichen Ohr bereits als Verdopplung der Lautstärke wahrgenommen. Wer die Straße kennt, stellt diese über Nacht eingetretene Veränderung zweifelsfrei fest. Nach geltender Rechtslage wird aber nicht gemessen gezählt, sondern gerechnet. Das gilt für Verkehrsströme und ihre Lärmemissionen, die sie physikalisch-mathematisch voraussichtlich verursachen. Wer sieht und hört, hat oft einen anderen Eindruck und nur dieser zählt am Ende.

Die ersten Messdaten zeigen den Knick in der Lärmkurve seit Freigabe der A 49 bis zur A 5 © Grafik: Schumann | nh

Schumann betont, dass die Logistik gebraucht wird, sucht aber politische Allianzen, um den Sonderfall zu belegen und zu erklären. Würde man alle Bestandsautobahnen nach heutigen Richtlinien neu bewerten entsprechend lärmsanieren, würde das Milliarden kosten. Die A 49 sei ein Sonderfall, weil sie ihre Funktion mit dem langersehnten Lückenschluss komplett verändert hat.

Es ist noch nicht das Ende

Er sieht auch das Ende noch nicht, denn noch immer haben nicht alle Navigationssysteme die neue Autobahn überhaupt auf dem Schirm und viele ausländische Lkw haben möglicherweise veraltete Karten in ihren Navis. Der Verkehr wird also weiterhin zunehmen, wenn alle ihre Updates haben oder wissen, dass sich die Route verkürzt hat und erheblich Kraftstoff spart.

Das war Sinn und Zweck dieser Autobahn, aber nun möchten die Anwohner entlang der nordhessischen Streckenabschnitte nicht schlechter behandelt werden als ihre Nachbarn in Mittelhessen. Ohne diese Sichtweise einer bundesweit bisher einmaligen Situation bliebe die Lärmsanierung eine freiwillige Aufgabe, die ungern erfüllt wird. Die Kernforderung der Initiative ist eindeutig: Lärmvorsorge statt Lärmsanierung, denn – wie bei Neubauprojekten – würde dies einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Gewährung von aktivem Lärmschutz gewähren.

Die Bürgermeister der betroffenen Kommunen sowie die Landräte der Kreise Kassel und Schwalm-Eder stehen geschlossen hinter den Forderungen der IgL. Bei einem Treffen am 2. Mai in Edermünde ging es auch um die zukünftige Unterstützung von Landtags- und Bundestagsabgeordneten. (rs)

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