Sparkassen-Fusion von Schwalmstadt und Borken geht klar!
SCHWALMSTADT | BORKEN. Gleichzeitig stimmten gestern die Stadtverordnetenversammlung in Schwalmstadt und Borken darüber ab, ob die Stadtsparkassen beider Städte zusammengehen. nh24 hat ausführlich über die Pläne berichtet. Auf der Tagesordnung in Schwalmstadt stand folgende Formulierung für die Beschlussfassung:

Die Stadtsparkassen Borken (Hessen) und Schwalmstadt werden zum 1. Juli 2023 mit steuer- und handelsrechtlicher Rückwirkung auf den 1. Januar 2023 im Wege der Aufnahme der Stadtsparkasse Borken (Hessen) durch die Stadtsparkasse Schwalmstadt unter Bildung einer Gemeinschaftssparkasse gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Hessisches Sparkassengesetz vereinigt. Diese Beschlussfassung erfolgt unter dem Vorbehalt der Beschlussfassung zu Ziffer 4 und dessen wirksamer Umsetzung.

Stefan Pinhard: Damit Sparkasse in Schwalmstadt bleibt

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Zu Beginn der Diskussion übernahm der stellvertretende Stadtverordnetenvorsteher Frank Pfau (FDP) die Sitzungsleitung.

  • Stefan Pinhard (PARTEILOS) betonte, für einen Bürgermeister sei es nicht leicht, einen Beschluss vorzutragen, der die Eigenständigkeit der eigenen Stadtsparkasse beendet. Beim 175-jährigen Jubiläum wurde die Eigenständigkeit noch beschworen, mit der Zuversicht, dass die Sparkasse auch im Jahr 2044 das 200-jährige Jubiläum noch als Stadtsparkasse Schwalmstadt feiern wird. 570 Sparkassen gab es zu dieser Zeit noch, heute sind es 369. 200 Sparkassen sind in zwei Jahren verschwunden, die deutlich größer waren. Schwalmstadt war davor bereits die zweitkleinste und ist auch heute noch die zweitkleinste. Die Anforderungen seien so gestiegen, dass der Aufwand kaum noch zu schaffen ist.
  • Die Fusion mit Borken, so Pinhard, sei keine neue Idee, schon lange habe man einander geholfen. 2012 und 2016 war die Fusion schon einmal Thema. 6 Jahre später ist nun die Zeit reif. Der Sparkassen- und Giroverband unterstützt das Zusammengehen vollumfänglich. Der Verbandspräsident war 2 Mal in beiden Häusern und der zukünftige Bürgermeister Tobias Kreuter war von Anfang an dabei. Wer 45 Mitarbeiter und Familien im Auge habe, eine eigene Sparkasse vor Ort mit 7000 Kunden und weiterhin Gewerbesteuer wolle, könne nur zustimmen. Für die Kunden soll alles so bleiben, wie bisher. Welcher Name vorne steht, sei egal. Sitz und Name bringen weder den Kunden noch der Stadt etwas. Wichtig sei, dass die aufnehmende Sparkasse die Sparkasse Schwalmstadt sei, deren BLZ und BIC bleibe. Borken übernimmt die Schwalmstädter BLZ.

Karsten Schenk und Thomas Kölle: nicht auf Augenhöhe!

  • Karsten Schenk (CDU) findet, ganz so einfach sei das jetzt doch nicht. Die CDU stimmt mehrheitlich nicht zu und formuliert einen Änderungsantrag, nachdem Schwalmstadt Hauptsitz wird und der Name Schwalmstadt vor Borken genannt wird. Jetzt handele es sich nicht um eine Fusion auf Augenhöhe. Im April 2022 sei man informiert worden, dass es Personalprobleme gibt und daher nicht alle Vorgaben erfüllen werden können. Die Bank habe sich selbst nur kurze Zeit gelassen, aber die Politik nicht informiert. Erst in KW43 habe man aus den Medien erfahren, dass eine Fusion ansteht. Die Informationen waren sehr dürftig, Fragen wurden unzureichend beantwortet. Eine Zusammenstellung wichtiger Kennzahlen fehlt bis heute, stattdessen gab es die Aufforderung, Bilanzen selbst zu vergleichen. Das sei ein nicht hinnehmbarer Verfahrensablauf dafür, dass ein Stück Schwalmstädter Identität verloren geht. Schwalmstadt habe die höhere Bilanzsumme, höhere Kundeneinlagen und mehr Mitarbeiter. Wenn auf Augenhöhe fusioniert würde, dann als Stadtsparkasse Schwalmstadt-Borken und Sitz in Schwalmstadt. Zumindest ein Kriterium davon muss erfüllt sein. Wer wen aufgenommen hat, sei in 5 Jahren egal, vor allem bei einer möglichen weiteren Fusion. Der Name bleibt. Er forderte namentliche Abstimmung, damit nachvollziehbar sei, wer die Stadtsparkasse aufgegeben habe.
  • Thomas Kölle (UNABHÄNGIG) stellte fest, dass die Politik an Bord sei, auch im Verwaltungsrat, vor 33 Jahren sei er als Berliner nach Schwalmstadt gekommen. Damals habe ihm einer bei der Bank gesagt, dass bald fusioniert werden würde. Jetzt stehe die Stadtsparkasse mit dem Rücken an der Wand. Warum hat das niemand kommen sehen? Wirtschaftlich stehe sie gut da. Es fehlen Mitarbeiter. Die kleinste Sparkasse ist wirtschaftlicher als der Durchschnitt aller hessischen Sparkassen. Borken ist seit Jahren Schlusslicht in Hessen. Kölle kann also nicht positives daran finden. Dass die Personalkostenquote in Borken die höchste in Hessen ist, bedeutet, die Bank habe entweder zu viele oder zu teure Mitarbeiter. Augenhöhe kann auch er nicht erkennen. Borken sei kleiner und deutlich schwächer. Niemand könne sagen, was die Fusion kostet. Rund 1,2 Millionen? Ein Vielfaches der kumulierten Überschüsse beider Sparkassen. Er hätte sich die Prüfung einer Fusion auch mit der Kreissparkasse gewünscht.

Engin Eroglu sieht für Schwalmstadt Vorteile

  • Ralf Walck (SPD) könnte als Stadtverordneter und Sparkassen-Verwaltungsrat eine Stunde lang reden. Die Fusion bringe viel. Der Name, so Walck, wurde zuerst festgelegt. Das übernehmende Institut verzichtet auf Sitz und Voranstellung. Dafür bleiben BIC und IBAN. Diese Regelung habe auch steuerliche Vorteile. Wenn zwei Kleine fusionieren, die sehr ähnliche Bilanzsummen ausweisen, gibt es immer Augenhöhe.
  • Engin Eroglu (FW) möchte nur über die Sache diskutieren. Er sieht zwei hervorragend arbeitende Stadtsparkassen, die funktionieren. Nach der Finanzkrise kamen viele Gesetze, die es kleinen Geldhäusern schwer machen, die Auflagen zu erfüllen. Die kleinen haben die gleichen Bedingungen, wie die großen. Das seien politische Entscheidungen. Aus Berlin hätte eine Rote Karte kommen müssen. Er richtete einen Appell an alle Vernünftigen. Für Schwalmstadt sei Borken besser als die Kreissparkasse. Auf diese Weise bleiben 2 Sparkassen in Schwalmstadt. Die Personalkosten müssen sogar steigen, weil auch die Auflagen steigen. Er sieht eine hoch motivierte Mitarbeiterschaft.
  • Heidemarie Scheuch-Paschkewitz (LINKE) fällt es schwer, aber sie muss Karsten Schenk in vielen Punkten recht geben. Bei Herrn Kölle falle ihr das leichter. Bei Fusionen – auch von Schulen – habe am Ende immer nur eine große überlebt. Nach dem Informationsgespräch müsse man sich tatsächlich fragen, „warum? Warum mit einer kleinen Bank für einen Preis, der nicht genannt wird?

In der Abstimmung wurde der CDU-Antrag, Schwalmstadt nach vorne zu stellen und auf Schwalmstadt als Sitz zu bestehen, mit der Mehrheit von 23 Nein-Stimmen abgelehnt. Nur 5 Stadtverordnete stimmten dafür, 4 enthielten sich.

Für die Fusion, wie vorgeschlagen, stimmten dann 24 Parlamentarier. 7 waren dagegen, bei 1 Enthaltung. Auch in Borken fand sich eine Mehrheit für die Fusion der Sparkassen. (Rainer Sander)

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