Wege zu mehr Mobilität im ländlich strukturierten Raum
HOMBERG | SCHWALMSTADT. Fahrrad oder Triebwagen? ÖPNV oder Alltagsradverkehr? Eisenbahnromantik oder Fitness? Asphalt oder Gleise? Biotop oder Nutzung? Es klingt wie eine Entscheidung zwischen Bahnradweg oder Wiederbelebung der Kanonenbahn von Schwalmstadt nach Homberg. Tatsächlich ist es eine Frage zwischen Rückeroberung durch die Natur und erneuter Nutzung.

Die Die Bürgerinitiative (BI) „Rettet die nordhessische Kanonenbahn e.V.“, stellte ihre Argumente noch einmal heraus: Die stillgelegte Bahnstrecke könne leicht reaktiviert werden, da der Bahnkörper in der Raumplanung noch für den Eisenbahnverkehr festlegt ist“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Machbarkeitsstudie erst nach Gremienentscheid

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Die seit 2003 stillgelegte Bahnstrecke mit Anbindung an Mittelhessen und das Rhein-Main-Gebiet werde in der Übersicht zur Reaktivierung von Schienenstrecken für den Personenverkehr in Hessen im Juli 2022 erstmalig aufgelistet. Eine Machbarkeitsstudie werde durch den NVV jedoch erst dann durchgeführt, wenn sich die regionalen politischen Gremien für eine solche aussprechen. Insofern soll dieser Beschluss dazu dienen, eine fundierte Diskussionsgrundlage zu schaffen, um über eine etwaige Reaktivierung der Bahnstrecke zu entscheiden oder doch den Bau eines Bahnradweges zu fokussieren.

Bei Streckenaktivierungen im Schienenverkehr unterscheiden Experten zwischen folgenden Kategorien:

  • Wirtschaftliche Effekte (Effekte auf die regionale und lokale Wirtschaft sowie wirtschaftliche Effekte auf die privaten Haushalte);
  • Raumstrukturelle Effekte (Effekte auf die Raumentwicklung und die Nutzung räumlicher Strukturen);
  • Gesellschaftliche Effekte (Effekte auf die Lebensqualität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt);
  • Umwelteffekte (Effekte auf den Menschen und seine natürliche Umwelt) und
  • Verkehrliche Effekte (Effekte auf die Mobilität sowie die Verkehrsmittelverfügbarkeit und Verkehrsmittelwahl).

Im Bereich zwischen Schwalmstadt-Treysa und der Kreisstadt Homberg (Efze), so die Kanonenbahnbefürworter, seien bereits Radwege, wie der Radweg R 14 und dafür nutzbare landwirtschaftliche Wege vorhanden, die mit verhältnismäßig wenig Aufwand für Alltag, Freizeit und Tourismus erschlossen werden können. Der Bedarf für einen Schnellradweg sei nicht gegeben, weil dafür viel zu wenig potenzielle Fahrradnutzer vorhanden seien und die topografischen Umstände nicht für einen Radweg sprechen.

Keine Attraktive Region – Rhön und Ederbergland attraktiver

Viele Berufstätige müssten über Treysa hinaus bis nach Mittelhessen oder Frankfurt. Da sei es völlig illusorisch, dass dann noch größere Distanzen mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Da es inzwischen in Hessen bereits einige Bahnradwege gäbe, stelle sich die Frage, ob überhaupt noch touristisches Potenzial abgefangen werden kann. Vorhandenen Velostrecken wie der Kegelspielradweg in der Rhön oder vom Edersee nach Korbach seien viel attraktiver als die Region zwischen Schwalmstadt-Treysa und Homberg (Efze).

Zweifellos, so die Eisenbahnbefürworter, leiste die Reaktivierung stillgelegter Eisenbahnstrecken im ländlichen Räumen einen Beitrag zur Verbesserung der Mobilität und damit für gleichwertige Lebensverhältnisse. Die Bahnstrecke würde mit neuen modernen Triebwagen befahren und erlaube auch an neuen Stellen die Möglichkeit, Bahnstationen zu errichten und damit die Region Homberger Hochland als Wohnsitz deutlich attraktiver zu gestalten. Das Rad könne von der Wohnung zum Bahnhof und vom Bahnhof zum Arbeitsplatz durchaus zum Einsatz kommen und im Zug mitgenommen werden. Im Bus gestalte sich dies aufgrund des reduzierten Platzes als kaum umsetzbar.

An Bürgermeister und Kreistagsfraktionen gewandt

Die BI „Rettet die nordhessische Kanonenbahn e. V.“ hat sich Anfang August 2022 an die Bürgermeister und Mitte August 2022 an alle Kreistagsfraktionen des Schwalm-Eder-Kreises gewandt, um eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Innerhalb der Machbarkeitsstudie werde daraufhin gearbeitet, ein integriertes und zukunftsorientiertes System mit der Verknüpfung der Straßen und Schienenwege untereinander zu konzipieren. Ziel seien kurze und gesicherte Umsteigezeiten bei einer Anbindung des Nahverkehrs an den Fernverkehr, insbesondere mit zuverlässigen Anschlüssen an den möglichen Verkehrsknoten. Die Anliegerkommunen tragen nicht die Kosten einer Machbarkeitsstudie. Für die Durchführung von Machbarkeitsstudien und Vorplanung stellt die Landesregierung auf der Grundlage der Finanzierungsvereinbarungen mit den Verkehrsverbünden Mittel für eine anteilige Finanzierung bereit und unterstützt auf diese Weise die Aufgabenträger (hier zuständig: Nordhessischer VerkehrsVerbund in Kassel), erklärt Prof. Dr. Herbert Wassmann von der BI (pm | rs)

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