
Baunataler Stadtverordnete entscheiden mit klarer Mehrheit
BAUNATAL. Viel weißer Rauch konnte gestern über dem Baunataler Rathaus aufsteigen. Am 23. Juni, entschied die Stadtverordnetenversammlung über zentrale Themen wie die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2025/2026, die Zukunft Amtlicher Bekanntmachungen, einer Kita sowie über die (Wieder) Wahl des Ersten Stadtrats.
Die Amtszeit des hauptamtlichen Ersten Stadtrats Herr Daniel Jung endet am 17. November 2025. Die Hessische Gemeindeordnung (HGO) erlaubt die Wiederwahl frühestens sechs Monate und spätestens drei Monate vor Ablauf der Amtszeit. Die Baunataler Stadtverordnetenversammlung hat am 31. März 2025 die Wiederwahl von Daniel Jung beschlossen.
4 Fraktionen, 2 ½ Meinungen und 1 Stilfrage
- Franziska Bünsow (B90/GRÜNE) erinnerte daran, dass in einer Stadt wie Baunatal die hauptamtliche Stelle des Ersten Stadtrates nicht vorgeschrieben sei. Sie rief auch in Erinnerung, dass es vor sechs Jahren noch eine gemeinschaftliche Ablehnung der Stelle durch CDU, GRÜNE und FDP gegeben habe. Gleichwohl habe sich die Stelle zeitweise bewährt. Aber ein Verzicht hätte 250.000 Euro Einsparpotenzial.
- Sebastian Stüssel (CDU), quasi selbst angesprochen, hielt das eigene Lernpotenzial dagegen und störte sich an einem aktuellen Posting der GRÜNEN, wonach keine Gebühr angehoben und keine Leistung teurer werden müsse, würde man Herrn Jung nicht wiederwählen. Es sei mit dem vorgelegten Doppelhaushalt aber beabsichtigt 50 Millionen Euro aus den Rücklagen zu entnehmen. „Das kann man nicht mit der Stelle des Ersten Stadtrates einsparen!“
- Udo Rodenberg (SPD) schloss daran an: Daniel Jung habe 2 Millionen Euro jährlich eingespart. Damit hat sich die Stelle bereits gerechnet. Es sei auch eine Stilfrage: „Man spricht das nicht mitten in der Wiederwahl an, sondern dann, wenn man eine Wahl ansetzt.
- Dr. Rainer Oswald (FDP) bemühte seinen persönlichen Running Gag: „Immer wieder was Neues!“ Er halte Politik überall für überbezahlt. „Wir vermischen wieder Verwaltung und Politik!“ Vor sechs Jahren waren andere Voraussetzungen.
Mobilisierung außerhalb des Parlaments
Am intensivsten Stimmung in den Sozialen Medien und den Baunataler Nachrichten gegen eine Wiederwahl von Herrn Jung, hat die Wählergemeinschaft Baunatal außerhalb des Parlaments verbreitet und dabei 4 Vergleichskommunen genannt, die ohne eine solche Position auskommen. Es wirkte wie die Fortsetzung des Bürgermeisterwahlkampfes mit anderen Mitteln, zur endgültigen Ausschaltung des unterlegenen Kandidaten. Eine Online-Petition der Wählergruppe, die Bürgermeister Henry Richter in allen Belangen unterstützt, hat aber bis gestern Abend nur etwa 550 Stimmen aus der Bevölkerung gegen die Wiederwahl gesammelt. Zur Einordnung: Das sind rechnerisch 2,5 Prozent der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger und eher keine Volksbewegung.
Hintergrund: Baunatal im tatsächlichen Vergleich
Von 19 Hessischen Städten zwischen 27.500 und 50.000 Einwohnern haben sich tatsächlich 15 für die hauptamtliche Besetzung des Ersten Stadtrates (oder Stadträtin) entscheiden. Bis auf eine der lediglich vier Städte mit ehrenamtlicher Besetzung, haben diese aber auch ein deutlich niedrigeres Haushaltsvolumen, weniger Mitarbeitende im Rathaus sowie den städtischen Einrichtungen, bei gleichzeitig weit weniger Arbeitsplätzen und Gewerbeflächen. Es gibt in Hessen nur 27 Städte mit höheren Auszahlungen (also Haushaltsvolumen ohne kalkulatorische Kosten wie Abschreibungen) als Baunatal. Die haben – Ausnahme: Bad Hersfeld – alle einen hauptamtlichen Ersten Stadtrat oder eine hauptamtliche Erste Stadträtin.
Mit 114 Mio. € Auszahlungen liegt Baunatal im soliden Mittelfeld der Vergleichsgruppe größerer Kommunen und deutlich über Städten wie Kelkheim (93 Mio. €), Rödermark (85 Mio. €) oder Griesheim (101 Mio.). All diese Städte haben einen hauptamtlichen Ersten Stadtrat. Die Beschäftigtenzahl ist vielleicht der aussagekräftigste Indikator. Mit 517 Beschäftigten hat Baunatal mehr städtisches Personal als deutlich größere Städte wie Friedberg (31.131 Einwohner, 487 Beschäftigte). Lampertheim (33.053 / 421), Kelkheim (29.106 / 321). Das ähnlich große und von der WG zitierte Butzbach (27.554 Einwohner) beschäftigt nur 425 Mitarbeitende.
Statistisch und persönlich dafür
Statistisch oder aufgabenbezogen sprach wohl Vieles für eine hauptamtliche Stelle und persönlich betrachtet noch mehr für Daniel Jung. Der 44jährige wurde mit 23 Stimmen (bei 17 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen/ungültigen Stimmen) in geheimer Wahl für weitere sechs Jahre gewählt. Das Beamtenverhältnis auf Zeit endet am 17. November 2031. Man müsse die Stadtgesellschaft gemeinsam entwickeln, nicht nur in den Finanzen, die uns beschäftigen, sondern in den Gemeinsamkeiten, sagte Daniel Jung. Er strecke den Arm zu allen aus! „Es geht darum, die Stadt gemeinsam weiterzubringen!“ (rainer sander)






Weitere Berichte folgen.

4 Kommentare
Die Entscheidung, die Baunataler Nachrichten vorerst bis Ende Oktober fortzuführen, ist ein starkes Signal für Transparenz und Bürgernähe. Bürgermeister Henry Richter zeigt mit dem gefundenen Kompromiss Verhandlungsstärke und Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Öffentlichkeit. In einer Zeit, in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgerschaft wichtiger denn je ist, setzt er damit ein positives Zeichen für den Erhalt eines etablierten Informationskanals. Diese pragmatische Lösung beweist: Sachorientiertes Handeln steht für den Bürgermeister im Vordergrund – zum Wohle aller Baunataler/innen und Baunataler.
Ich finde es sehr bemerkenswert, wie sachlich und realitätsnah Herr Leischner die Situation analysiert hat – gerade im Vergleich zu den oft oberflächlichen oder beschönigenden Berichten. Seine Auswertung der Zahlen zur Wiederwahl von Daniel Jung ist nachvollziehbar und wirft wichtige Fragen auf, die sich SPD und CDU stellen sollten – nicht zuletzt im Hinblick auf ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der eigenen Wählerschaft.
Vielleicht sollte Herr Leischner wirklich in Betracht ziehen, regelmäßig als Autor zu schreiben. Solch eine ungeschönte, präzise Einordnung fehlt in der lokalen politischen Berichterstattung leider viel zu oft.
Leider steht im Artikel nichts über die mindestens 9 Abweichler aus der SPD- und CDU Fraktion.
Das somit ein großer Teil der GroKo offensichtlich nicht hinter dem Ersten Stadtrat steht, sollte ihm und der GroKo zu denken geben.
Auch, daß nach der Wahl immer noch Einwohner aus Baunatal die Petition der Wählergemeinschaft „GEMEINSAM für BAUNATAL“ gegen die Wiederwahl des jährlich 250.000€ teuren Ersten Stadtrat unterzeichnen, zeigt die (Un-)Beliebtheit dieser knappen Wahl.
Was hätte man in Baunatal mit den eingesparten jährlich 250.000 Euro nur alles machen oder nicht kürzen müssen?
Eines vorab bemerkt: Ich bin kein Mitglied einer politischen Partei oder baunataler Wählerinitiative. Der Anstand gebietet es mir, dem Ersten Stadtrat, Daniel Jung, zu dessen Wiederwahl durch die Stadtverordnetenversammlung zu gratulieren.
Gleichwohl aus meiner Sicht eine kurze Analyse des Wahlergebnisses zur Wiederwahl von Daniel Jung zum ersten Stadtrat.
Von insgesamt 45 Stadtverordneten waren 43 Stadtverordnete bei der Wahl anwesend und haben darüber geheim abgestimmt. Daniel Jung erhielt von den 43 Stadtverordneten 23 x Ja-Stimmen, 17 x Nein-Stimmen, 3 x Stimmenthaltungen/ungültig.
Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen war mit 8 Stadtverordneten sowie die Fraktion FDP mit 3 Stadtverodneten in der Stadtverordnetensitzung vertreten. Von diesen beiden Fraktionen haben somit insgesamt 11 Stadtverordnete an der geheimen Wahlhandlung teilgenommen. Es dürfte nach den jeweiligen Ausführungen der Fraktionsvorsitzenden Franziska Bünsow (Grüne) und Dr. Rainer Oswald (FDP) davon auszugehen sein, dass deren insgesamt anwesenden „11 Stadtverordneten Daniel Jung nicht gewählt haben“.
Von den Fraktionen der SPD und CDU haben zusammen „32 Stadtverordnete“ an der geheimen Wahl teilgenommen.
Wenn man von den insgesamt 20 Stadtverordneten, die Daniel Jung nicht gewählt haben (17 x nein, 3 x Enthaltung), die Summe der 11 Stadtverordneten der Grünen bzw. der FDP, die diesen vermutlich nicht gewählt haben, abzieht, dann verbleiben von den 32 Stadtverordneten der Fraktionen der SPD und CDU rechnerisch „9 Stadtverordnete“ dieser Fraktionen, die Daniel Jung auch nicht gewählt haben!!! Oder anders herum ausgedrückt: Statt der insgesamt möglichen maximal 32 SPD/CDU Ja-Stimmen leider nur minimal 23 Ja-Stimmen.
Wenn man – wegen der geheimen Wahl – meine Einschätzung bezüglich der Nichtwahl von Daniel Jung ausschließlich durch die Stadtverordneten der Grünen bzw. der FDP hingegen nicht teilen sollte, wäre der Wahlausgang für Daniel Jung obendrein noch ungünstiger, weil ihm dann im Ergebnis noch mehr Stadtverordnete der Fraktionen SPD und CDU deren Wahlstimme verweigert haben müssten.
Der Wahlausgang sollte deshalb alle hiervon Betroffenen und Beteiligten nachdenklich stimmen. Ein „überzeugender Wahlerfolg“ für die baunataler SPD und CDU bzw. für Daniel Jung ist das nicht. Wie wollen diese Parteien das im Grunde schlechte Wahlergebnis ihrer eigenen Wählerschaft bzw. der baunataler Bürgerschaft plausibel erklären?
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